Gian Lorenzo Bernini, David
Gianlorenzo Bernini, David, 1623, Marmor, 5 Fuß, 7 inches high (Galleria Borghese, Rom)
Gian Lorenzo Bernini, David, 1623-24, Marmor, 170 cm (Galleria Borghese, Rom) (Foto: Salvador Fornell CC BY-NC-ND 2.0)
Empathie
Berninis David ist wie ein Major-League-Pitcher, der sich aufrafft, um einen 95 Meilen pro Stunde schnellen Ball zu werfen. Der Pitcher sammelt seine ganze Kraft für jeden Wurf und legt alles hinein, was er hat.
Barocke Kunst will, dass wir in der Lage sind, uns mit dem Bild in unserem Körper zu identifizieren, nicht nur in unserem Verstand. Berninis David nutzt den Raum um ihn herum – und greift in den Raum des Betrachters hinein. Berninis David gibt sich nicht damit zufrieden – wie Michelangelos David -, von uns getrennt zu bleiben. Wenn wir Berninis David betrachten, beginnen wir sofort zu fühlen, was der David fühlt. Diese Empathie ist sehr wichtig für die barocke Kunst.
Diagonalen
In der Hochrenaissance sahen wir die Komposition in Form einer Pyramide – eine sehr stabile Form. Die diagonale Linie suggeriert sofort Bewegung, Energie und Dramatik – ganz anders als die Unbeweglichkeit der Pyramidenform.
Drei Davids
Donatello zeigt uns einen frühen Moment in der Renaissance – die Anfänge des Humanismus, als Künstler zum ersten Mal den Kontrapost und die Schönheit der antiken griechischen und römischen Skulptur entdeckten. Seine junge David-Figur symbolisiert die Republik von Florenz, die sich – wie David – als von Gott gesegnet sah. Donatello zeigt David siegreich auf dem Kopf des Goliaths stehend.
Michelangelos David ist ideal schön. David denkt über den bevorstehenden Kampf mit Goliath nach und starrt seinen Gegner an. Bernini hingegen zeigt uns einen weniger idealen, sondern einen realeren David – einen, der mit Gottes Hilfe aktiv gegen Goliath kämpft (vielleicht so, wie sich die Kirche selbst fühlte, als sie gegen Luther kämpfte).
Links: Donatello, David, ca. 1440er Jahre, Bronze, 158 cm (Bargello, Florenz) (Foto: Patrick CC BY-SA 2.0); rechts: Michelangelo, David, 1501-04, Marmor, 518 cm (Galleria dell’Accademia, Florenz) (Foto: Rico Heil, CC BY-SA 3.0)
Der Weg zu Gott
Michelangelo scheint uns aufzufordern, die unglaubliche Schönheit des David zu betrachten, und durch die Betrachtung der Schönheit (der Schönheit des Menschen, Gottes größter Schöpfung), kommen wir zur Erkenntnis Gottes. Andererseits bleibt bei Berninis David keine Zeit zur Kontemplation, sondern nur zum Ausweichen – unsere Reaktion ist in unserem Körper, nicht in unserem Verstand.
Gian Lorenzo Bernini, drei Ansichten des David, 1623-24, Marmor, 170 cm (Galleria Borghese, Rom)
Der Weg zu Gott ist im Barock direkter, emotionaler, leiblicher, und das hängt natürlich mit der umkämpften Position der Kirche zusammen, die die Gläubigen direkt ansprechen wollte.